Seit März 2024 ist es in den USA in 968 Milchviehbetrieben zu Infektionen der Milchkühe mit dem hochpathogenen Virus der Geflügelpest (HPAIV vom Subtyps H5N1) gekommen. Inzwischen haben Betriebe in 16 US-Bundesstaaten positive Nachweise gemeldet. Zudem haben sich dort bislang 68 Personen mit dem Vogelgrippe-Virus angesteckt, davon 41 mit unmittelbarem Kontakt zu rinderhaltenden Betrieben (US Centers for Disease Control and Prevention; Stand 15.02.2025). Aktuelle epidemiologische Daten deuten darauf hin, dass die Ausbreitung zwischen landwirtschaftlichen Betrieben hauptsächlich auf die Verbringung infizierter Kühe zurückzuführen ist.
Einen Überblick zu den jüngsten Ereignissen und Studienergebnissen gibt eine Publikation aus der Abteilung für Populationsmedizin der Cornell University:
Epidemiologie
Natürlich vorkommende HPAI-Viren gehören entweder zu den Subtypen H5 oder H7 und sind für eine hohe Sterblichkeitsrate beim Geflügel und Ausbrüche bei Säugetieren einschließlich zoonotischer Übertragungen auf den Menschen verantwortlich. Anfang März 2024 wurde ein Ziegenbock in Minnesota positiv auf HPAI H5N1 getestet, was den ersten Nachweis des Virus bei einer Wiederkäuerart darstellt. Kurz darauf wurde ein H5N1-Virus des reassortierten Genotyps B3.13 bei Milchkühen in Texas nachgewiesen und zum ersten Mal auch eine Übertragung von Kuh zu Kuh dokumentiert. Die Übertragungswege auf Milchkühe und seine anschliessende Ausbreitung zwischen Kühen sind noch nicht vollständig erforscht. Vermutet wird, dass Wildvögel wahrscheinlich als Hauptquelle für die Übertragung des Virus auf Rinder verantwortlich sind. Auch die Art der Übertragung ist nach wie vor unbekannt. Da es sich bei der HPAIV um ein Virus handelt, der die Atemwege befällt, wäre ein plausibler Eintrag auch über die Atemwege zu vermuten, der durch direkten Kontakt mit einem infizierten Wirt oder durch indirekten Kontakt über kontaminierte Umwelt, Futtermittel oder Wasser entsteht. Es konnte allerdings auch ein ausgeprägter Tropismus des Virus für die Milchdrüse nachgewiesen werden, welche im Zusammenhang steht mit der Expression von AIV-Rezeptoren (SA-Rezeptoren) insbesondere in den milchsekretorischen Epithelzellen. Vergleichbar mit bakteriellen Euterinfektionen geht man von einer Virus-Kontamination der Zitzen durch die Umgebung (Böden und Einstreu) aus, die dann in der Zwischenmelkzeit oder währen des Melkens in das Euter gelangen.
Klinische Symptome
Natürliche Infektionen von Milchkühen mit HPAI H5N1 wurden mit leichten respiratorischen Symptomen, Lethargie, Dehydrierung, trockenem/klebrigem Kot oder Durchfall und vor allem einer verminderten Milchproduktion mit gelblicher und verdickter kolostrumähnlicher Milch beschrieben. Im Gegensatz zur hohen Mortalitätsrate beim Geflügel, überleben die meisten Kühe die Infektion. Auch subklinische Infektionen scheinen möglich, zumal die Verbreitung des Virus in den USA durch das Verstellen solcher Tiere in andere Betriebe damit in Zusammenhang gebracht wurde.
In experimentellen Infektionsversuchen an laktierenden Rindern konnte ein internationales Forschungsteam aus den USA und Deutschland (FLI) zeigen, dass eine direkte H5N1 Infektion des Euterviertels zu schweren Symptomen führt. Diese gingen einher mit deutlichem Milchrückgang, Rückgang der Futteraufnahme bis zur Inappetenz, hohem Fieber und Veränderungen des Milchsekrets sowie starker Beeinträchtigungen des Allgemeinbefindens. Teilweise wurden die Kühe so schwer krank, dass sie euthanasiert werden mussten.
Virusausscheidung über die Milch
In der experimentellen Studie wurde eine infektiöse Virusausscheidung nur in der Frühphase der Infektion festgestellt (bis zu 7-8 Tage nach der Infektion). Dies könnte eine Folge der zunehmenden Menge neutralisierender Antikörper sein, die in der Milch ab etwa 7 bis 8 Tagen nach der Infektion nachgewiesen wurden. Die Virusreplikation scheint auf das ursprünglich infizierte Viertel beschränkt zu sein, da in Vierteln, die nicht experimentell mit dem Virus inokuliert wurden, keine nachweisbare Virusausscheidung erfolgte.
Virusinfektion bei Kälbern
Experimentell oronasal infizierte Kälber zeigten lediglich einem mukösen Nasenausfluss und zeitweises Husten, waren aber die ganze Zeit ohne Fieber. Im Gegensatz zur Milchdrüse führte die oronasale Infektion nur zu einer moderaten Viursvermehrung im Respirationstrakt. Darüber hinaus konnte das Virus nicht an Kontakt-Kälber übertragen werden.
Fazit
Die weite Verbreitung des HPAI H5N1-Virus sowohl bei Vögeln als auch bei Säugetieren sowie dessen effiziente Übertragung zwischen Kühen stellen eine große Herausforderung für eine wirksame Seuchenbekämpfung dar. Die Fähigkeit in Säugetierwirten mit Übertragung von Tier zu Tier zu zirkulieren, unterstreicht die Bedrohung der öffentlichen Gesundheit. Obwohl die Zahl der dokumentierten Fälle einer zoonotischen Übertragung des Virus nach wie vor gering ist, kann die anhaltende Viruszirkulation in einem Säugetierwirt das Risiko einer Infektion des Menschen erhöhen.
Das US-Departement für Landwirtschaft hat bereits entsprechende Massnahmen und Empfehlungen ausgearbeitet.
Ergänzende Informationen (nicht aus der Publikation):
Autorin: Maren Feldmann