1. Definition
Als Aborte gelten totgeborene Feten, die zwischen dem 150. und 265. Tag nach der erfolgreichen Besamung geboren wurden.
Kälber, die nach einer Trächtigkeitsdauer von mehr als 265 Tagen geboren werden, gelten als Frühgeburt. Fälle von embryonaler Mortalität innerhalb der ersten 42 Tage der Trächtigkeit werden ebenfalls nicht erfasst.
2. Hintergrund
Aborte können bei Kühen sporadisch oder epizootisch in Form sogenannter Abortstürme auftreten. Ihnen kann für den jeweiligen Bestand eine erhebliche wirtschaftliche Bedeutung zukommen. Abortraten von maximal 3 % werden als akzeptabel angesehen, während bei höheren Raten von einer Häufung gesprochen werden muss.
Grundsätzlich können Aborte infektiöse Ursachen (Viren, Bakterien, Protozoen) und nicht-infektiöse Ursachen (Management, Tierhaltung, Fütterung, Tränkwasser) haben. Bei infektiösen Aborten gilt es zu differenzieren zwischen spezifischen Aborterregern (z. B. Neospora canum, Coxiella burnetii, Brucella abortus) und Erregern, die nicht spezifisch für den Genitaltrakt sind (z. B. Salmonellen, IBR). Je nach Erreger gibt es Zeitfenster während der Trächtigkeit, in der die Aborte typischerweise auftreten.
Bei gehäuften Aborten ist es stets das Ziel, die Ursache zu erkennen und nach Möglichkeit abzustellen. Dies ist nur durch eine enge Zusammenarbeit zwischen Landwirt, Bestandestierarzt und Diagnostiker möglich. Wesentlich sind die Auswahl des Untersuchungsmaterials, die Transportbedingungen und die Kenntnis über das Untersuchungsspektrum der Untersuchungsstelle, aber auch die Befundinterpretation zur Einschätzung der Relevanz für den betreffenden Milchviehbetrieb.
Auch die Mitteilung, dass kein spezifischer Aborterreger nachgewiesen wurde bzw. dass sich pathomorphologisch keine Anhaltspunkte für ein infektiöses Abortgeschehen ergaben, kann die Einsendung von abortierten Feten und Nachgeburten durchaus rechtfertigen. Der Bestandestierarzt und der Landwirt müssen dann insbesondere nichtinfektiöse Faktoren oder infektiöse Abortursachen, die nicht spezifisch für den Reproduktionstrakt sind, evaluieren. In die Überlegungen müssen dann die Verabreichung spezifischer Medikamente, Impfungen, Giftpflanzen, Nitratbelastung, Traumen, Stress und fieberhafte Allgemeinerkrankungen einbezogen werden.
3. Methodik
Liegt eine zusammenfassende Auswertung der Zuchtorganisation für den betreffenden Betrieb vor, so können ggf. die dort aufgeführten Daten genutzt werden;
andernfalls werden die Daten aus den Aufzeichnungen des Betriebes entnommen. Es werden die Daten der zurückliegenden 12 Monate ausgewertet:
Beispiel:
Abortrate: 2.0 % (1 von 50)
Eine belastbare Einschätzung der Abortrate einer Herde setzt voraus, dass mindestens 30 Kühe beurteilt werden (bei kleineren Tierzahlen ist die prozentuale Angabe des prozentualen Anteils nicht aussagefähig - so entspricht ein Abort in einem Bestand mit fünf Kühen 20 %).
Bei Auffälligkeiten kann auch ein längerer Zeitraum ausgewertet werden (z. B. die zurückliegenden 24 Monate); zusätzliche spezifische Bemerkungen des Landwirtes und Bestandestierarztes können für die Interpretation der Zahlen hilfreich sein.
Ergänzende Anmerkung: Aufgrund der Erfahrungen in der Anfangsphase (Praktikabilität) wird unter diesem Parameter alles erfasst, was als sichtbarer Abort bezeichnet werden kann, also ein beobachteter Abgang eines Foeten oder Anzeichen für einen Abort an der Kuh. Meistens kann der Landwirt nicht sagen, wie lange die entsprechende Kuh genau getragen hatte, als sie abortiert hat, ausser es liegen Aufzeichnungen vor.