Farmer's Corner - 11/2024

Hot Topic: Vogelgrippe-Subtyp H5N1 in US-Milch - eine vorläufige Perspektive für Milchprodukte

Nicole H. Martin, Aljosa Trmcic, and Samuel D. Alcaine

Department of Food Science, Cornell University, Ithaca, NY

https://doi.org/10.3168/jdsc.2024-0634

Im Frühjahr 2024 kam es in den USA zu einem besorgniserregenden Ausbruch der hochpathogenen Vogelgrippe (HPAI) des Subtyps H5N1 (Gruppe 2.3.4.4b), der erstmals auch Milchviehherden betraf. Seit 2020 ist H5N1 der vorherrschende Subtyp, der sich weltweit ausbreitet und massive Ausbrüche bei Geflügel sowie gelegentliche Infektionen bei mindestens 30 Säugetierarten wie Rotfüchsen und Seehunden verursachte.

Im Frühjahr 2024 berichteten Landwirte erstmals von ungewöhnlichen Erkrankungen ihrer Milchkühe, deren Hauptsymptome eine verringerte TS-Aufnahme, verringerte Laktation, abnorme Milch, leichte Atemwegssymptome und Dehydrierung waren. Besonders betroffen sind die Staaten Texas und umliegende Regionen, wobei das Virus mittlerweile über 190 Herden in 13 Staaten infiziert hat (Stand August 2024).

Untersuchungen von Rohmilchproben klinisch erkrankter Tiere wiesen darauf hin, dass das Virus eine Affinität zum Milchdrüsengewebe aufzeigt und es zu einer hohen Viruslast in der Rohmilch kam. In einigen Fällen konnte eine Konzentration von über 108 log10 der infektiösen Gewebekulturdosis (TCID50) nachgewiesen werden. Der TCID₅₀-Test misst dabei die Viruskonzentration, bei der 50 % der infizierten Zellen sichtbare Schäden (zytopathischer Effekt CPE) zeigen.

Zudem bleibt das Virus in Rohmilch bei niedrigen Temperaturen (4°C) über mehrere Wochen stabil. Diese Tatsache birgt ein potenzielles Risiko, da die Milch für längere Zeit infektiös bleiben könnte. Die Pasteurisierung von Milch stellt jedoch eine wirksame Methode zur Inaktivierung des Virus dar. Bei den üblichen Temperaturen von 63°C für 30 Minuten oder 72°C für 15 Sekunden wird das Virus zuverlässig abgetötet, sodass pasteurisierte Milchprodukte als sicher gelten. Allerdings bleibt Rohmilch ein Risiko, insbesondere angesichts der hohen Viruslasten und der langen Stabilität des Virus in unbehandelter Milch. Es wurden bereits Fälle dokumentiert, in denen Katzen, die Rohmilch von infizierten Kühen konsumierten, erkrankten und eine hohe Sterblichkeit aufwiesen. Bisher gibt es jedoch keine bestätigten Fälle, dass Menschen sich durch den Verzehr von Milchprodukten mit H5N1 infiziert haben.

Für den Menschen besteht gemäss den aktuellen Kenntnissen das Infektionsrisiko vor allem bei direktem Kontakt mit infizierten Tieren. Bislang wurden vier Fälle von H5N1-Infektionen bei Menschen gemeldet, die in direktem Kontakt mit infizierten Kühen standen (landwirtschaftliche Mitarbeiter). Es bleibt jedoch unklar, wie hoch das Risiko durch den Konsum von Milch oder Milchprodukten ist, da die benötigte Dosis für eine Ansteckung durch orale Aufnahme noch nicht bekannt ist.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das theoretische Risiko für die öffentliche Gesundheit durch den Verzehr von Milchprodukten, die aus H5N1-kontanminierter Milch hergestellt wurden, von mehreren Parametern abhängt: (1) anfängliche Viruslast, (2) Persistenz von H5N1 in Rohmilch, (3) Inaktivierung des Virus durch Verarbeitungsprozesse einschliesslich Pasteurisierung und (4) Anfälligkeit sowie Infektionsdosis des Menschen.

Insgesamt zeigt dieser Ausbruch, wie wichtig strenge Hygienestandards und Biosicherheit in der Milchverarbeitung sind.

Quelle : Martin, Nicole H. et al., Hot topic : Avian influenza subtype H5N1 in US dairy—A preliminary dairy foods perspective, JDS Communications, Volume 5, S4 - S7.

 

Autorin Josie Siegel RGS

 

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