Tierschutzorganisationen, Konsumierende, Bundesämter: es gibt vielstimmige Kritik an der Aufzucht der Kälber in der Schweiz. Die einen beklagen die vom Muttertier getrennte Aufzucht des Kalbes, die anderen die frühe Vermarktung mit Transportstress und Umladung, die gehäuften Erkrankungen vor allem in den ersten Wochen nach der Aufstallung auf dem Mastbetrieb und den erheblichen Einsatz von Antibiotika.
Die Branche ist gefordert – und hat die Herausforderung angenommen. Ein „Runder Tisch“ im März 2023 führte zur Gründung einer Task Force unter Beteiligung der Milchproduzenten, Züchter, Mäster, Händler, Tierärzte und Bundesämter. Fünf Treffen haben inzwischen stattgefunden. Ziel ist es, flächendeckend Massnahmen umzusetzen, die zu mehr Tierwohl, Tiergesundheit und weniger Arzneimitteleinsatz bei der Kälberaufzucht sowohl auf dem Geburts- als auch Mastbetrieb führen. Sicher – jede Organisation hat eigene Vorstellungen, doch nun sind Kompromisse gefordert – wer übernimmt welche Aufgaben und welche Kosten?
So wird beispielsweise intensiv über die Impfung von Tränkern auf dem Geburtsbetrieb gegen Kälbergrippe diskutiert. Nach allgemeiner Überzeugung effektiv – weniger und mildere Erkrankungen später auf dem Mastbetrieb, geringerer Einsatz von Antibiotika, dazu noch relativ preiswert und machbar. Gegenwärtig laufen Abklärungen und Gespräche mit dem Schweizerischen Bauernverband und QM-Schweizerfleisch, mit dem Ziel eine bessere Flächenabdeckung mit der Kälberimpfung gegen Lungenentzündungen zu erreichen.
Aber es ist auch klar, dass die Impfung als alleinige Massnahme nicht alle Probleme der Branche lösen kann. Es braucht auch ein ausgeglicheneres Angebot an Tränkern mit guter Konstitution im Jahresverlauf, mehr Transparenz bei der Vermarktung sowie die Optimierung der Bedingungen auf den Geburts- und Mastbetrieben– es gibt noch viel zu tun. Aber alle beteiligten Organisationen wollen und werden Verantwortung übernehmen, um jene konkreten Fortschritte zu erreichen, die für eine breite Akzeptanz der Kälberaufzucht in der Gesellschaft notwendig sind.