Rückblick auf unser Webinar - Silofreie Milchproduktion: Herausforderungen und Chancen

Grundlagen der silofreien Fütterung, Stefan Probst HAFL (Zollikofen BE)

Die silofreie Fütterung von Milchkühen stellt hohe Anforderungen an das Nährstoffmanagement, insbesondere in Bezug auf die Stickstoffverwertung im Pansen, dem wichtigsten Verdauungsorgan der Kuh. Im Pansen zerlegen Mikroorganismen das im Futter enthaltene Protein in Ammoniak, der anschliessend zur Bildung von Mikrobeneiweiss genutzt wird, wobei eine ausreichende Energieversorgung unerlässlich ist. Ein Ungleichgewicht zwischen Energie- und Proteinversorgung kann die Futterverwertung und damit die Milchleistung beeinträchtigen.

Um eine jährliche Milchproduktion von etwa 8.000 kg zu erreichen, benötigt eine durchschnittliche Schweizer Milchkuh eine exakt abgestimmte Fütterungsstrategie, die auf die unterschiedlichen Phasen der Laktation und saisonale Schwankungen in der Futterqualität abgestimmt ist. Die Hauptfuttermittel wie Gras, Heu und Emd haben unterschiedliche Protein- und Energiegehalte, die je nach ihrer Abbaubarkeit im Pansen kombiniert werden müssen. Energiereiche Ergänzungsfuttermittel wie Futterrüben und Kartoffeln sowie proteinreiche Futtermittel wie Rapsschrot unterstützen die Funktion der Pansenmikroben.

Die Futterrationen müssen saisonal angepasst werden: Im Frühling erfordert das proteinreiche Gras eine zusätzliche Versorgung mit pansenstabiler Stärke, während im Sommer und Herbst, wo weniger abbaubarer Zucker verfügbar ist, zusätzliche Energie erforderlich ist. Im Winter, wenn das Proteinangebot oft geringer ist, sollte gezielt Protein ergänzt werden.

Der Einsatz von Zusatzprodukten wie Dextrose oder Pansenpuffern ist meist überflüssig, wobei die Mineralstoffversorgung, insbesondere von Calcium und Magnesium, sorgfältig überwacht und bei Bedarf angepasst werden sollte. Insgesamt verlangt die silofreie Fütterung eine präzise Planung und kontinuierliche Überwachung durch Analysen der Grundfuttermittel, um den Nährstoffbedarf der Kühe zu decken und gleichzeitig die Futterkosten zu optimieren.

Hof Underegg: Markus Bieri, Holstein Meisterzüchter 2024 (Entlebuch LU)

Ein herausragendes Beispiel für die erfolgreiche Umsetzung der silofreien Fütterung ist der Hof Underegg der Familie Bieri, gelegen im Entlebuch im Kanton Luzern. Der Hof, der in der Bergzone 2 + 3 rund 40 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche bewirtschaftet, hat sich auf die silofreie Fütterung spezialisiert. Die Fütterungsstrategie basiert auf einer Trocken-TMR (Totalmischration), die das ganze Jahr über eingesetzt wird und im Sommer durch etwa vier bis fünf Stunden Weidegang ergänzt wird. Diese Mischung enthält Heu, Emd, Mais, Gerste, sowie etwas Soja, Raps und ein Melasse-Zuckersirup-Gemisch. In den ersten 70 Tagen der Laktation kommt eine Kraftfutterstation zum Einsatz, um den speziellen Bedürfnissen der frisch laktierenden Kühe gerecht zu werden.

Der Hof produziert jährlich rund 380.000 Liter Milch, die an die Biosphäre Berg-Käserei Entlebuch geliefert werden. Die durchschnittliche Milchleistung der Kühe liegt bei beeindruckenden 10.000 Litern pro Kuh und Jahr. Diese hohen Leistungen sind das Ergebnis einer sorgfältig abgestimmten Fütterung, die auf die besonderen Anforderungen der silofreien Fütterung Rücksicht nimmt und gleichzeitig den pH-Wert im Pansen der Kühe stabil hält. Ein kürzlich umgestelltes Fütterungssystem mit einem Mischer, der eine liegende Walze verwendet, hat den Arbeitsaufwand deutlich reduziert und die Futtereffizienz weiter verbessert.

Innovative Weidewirtschaft auf dem Bio-Betrieb von Andreas Melchior (Andeer GR)

Ein weiteres bemerkenswertes Beispiel für innovative landwirtschaftliche Praxis bietet der Betrieb von Andreas Melchior in Andeer. Der Hof liegt in einem sehr trockenen Gebiet und ist auf eine saisonale Vollweidewirtschaft spezialisiert, die 210-220 Weidetage pro Jahr umfasst. Die Herde besteht aus 20 Milchkühen, wobei etwa die Hälfte der Kühe mit Masttieren besamt wird.

Besonders bemerkenswert ist die Zuchtstrategie auf dem Betrieb. Vor 25 Jahren begann man mit einer Kreuzung von Brown Swiss und Original Braunvieh (OB) mit einem Fokus auf die Eiweissleistung. Später wurde auf Weidegenetik umgestellt, mit Einflüssen von Norwegian Red und irischen Friesians. Heute wird nach dem Economic Breeding Index (EBI) gezüchtet, der speziell auf ein Vollweidesystem ausgerichtet ist. Während der Vegetationsperiode wird mindestens sechs Monate lang auf die Heufütterung verzichtet, und die Winterfütterung besteht aus einfachem Heu und Emd, ergänzt durch eine zugekaufte Getreidemischung.

Der Betrieb legt zudem grossen Wert auf Tiergesundheit und Nachhaltigkeit. Homöopathische Mittel werden häufig eingesetzt, besonders bei Euterproblemen. Kälberkrankheiten sind selten, und die Klauengesundheit der Tiere wird durch eine jährliche Kontrolle gewährleistet.

Fazit: Erfolg durch innovative Ansätze und Anpassungsfähigkeit

Die Beispiele der Betriebe von Markus Bieri und Andreas Melchior verdeutlichen, wie vielseitig und erfolgreich die Landwirtschaft sein kann, wenn innovative Ansätze und eine genaue Anpassung an die jeweiligen Standortbedingungen verfolgt werden.

 

Autorin Josie Siegel RGS

 

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