Rückblick auf unser Webinar -Rationsgestaltung für Fresser und Munis

Geht’s dem Pansen gut, geht’s dem Muni gut!

Um die Problematik der Rationsgestaltung von Mastmunis zu erklären, startete Martin Kaske das Webinar der Rindergesundheit Schweiz mit dem Schwein. Ein Mastschwein mit 80 kg erreicht tägliche Zunahmen von 900 g, indem es 2.3 kg Futter frisst - dessen Strukturanteil ist dabei minim. Rinder als Wiederkäuer haben hingegen im Laufe der Evolution ein grosses Vormagensystem entwickelt hat, um insbesondere Gras mit einem hohen Anteil an Zellulose als Strukturkomponente als Energiequelle nutzen zu können. Im Pansen, einem Bioreaktor mit der Grösse einer Badewanne, wird das zunächst nur grob gekaute Futter ununterbrochen durchmischt, damit Myriaden von Bakterien und Protozoen Zellulose und Stärke zu kurzkettigen Fettsäuren (SCFA) abbauen, die resorbiert werden und wichtigste Energiequelle der Rinder sind. Zellulose wird dabei langsam umgesetzt, Stärke schnell und Zucker sogar extrem schnell. Je schneller aber die Umsetzung dieser Kohlenhydrate, desto schneller kommt es zur massiven Anflutung von kurzkettigen Fettsäuren. Damit steigt das Risiko einer Übersäuerung (Azidose) des Panseninhalts - eine Gefahr für die Tiergesundheit.

In der Mittel- und Endmast von Munis sind Zunahmen von über 1500 g pro Tag gewünscht. Derartig hohe Zunahmen sind aber nur möglich, wenn grosse Mengen energiereichen Futters aufgenommen werden – bei reiner Heufütterung ist die Futteraufnahme aufgrund des langsamen Abbaus der Zellulose und der niedrigen Passagerate aus dem Pansen in den Labmagen limitiert. Erst bei einem höheren Stärkeanteil in der Ration einhergehend mit schnellerer mikrobieller Umsetzung erreicht man die erforderliche hohe Passagerate. Aber: je mehr Stärke und je weniger Zellulose, desto mehr wird die Rationsgestaltung zu einem Tanz auf Messers Schneide, zumal die heutigen Grundfutter Maissilage und Grassilage teilweise eine sehr hohe Energiedichte aufweisen und durchaus als Kraftfutter anzusehen sind. Somit ist es wichtig die Grenzen einer maximalen Versorgung mit Stärke (und Zucker) zu akzeptieren und auf die Alarmsignale der Tiere zu achten. Dazu gehören geringe/wechselnde Futteraufnahme, dünner und heller Kot, schäumende Gülle, vermehrt Leberabszesse, Klauenprobleme, Lahmheiten und Unruhe.

Was also kann man vorbeugend tun? Eine wichtige Rolle kommt dabei  Raufutteranalysen und Rationsberechnungen zu, wie im zweiten Vortrag Corsin Willi  von der Melior erläuterte. Zunächst betonte er die Notwendigkeit einer brauchbaren Probe. Diese muss zwingend repräsentativ für die Futtercharge sein – ansonsten macht die Unterschung keinen Sinn. Die Ergebnisse gilt es dann systematisch zu prüfen und zu interpretieren. Anhand eines Beispiels einer Maissilage zeigte Corsin Willi, wie er dabei vorgeht. Sein erster Blick gilt dem Anteil an Trockensubstanz und dem Stärkegehalt. Ein hoher Stärkeanteil in einer Maissilage führt mit einem hohen TS-Gehalt einher. Weiter gilt seine Aufmerksamkeit der Abbaubarkeit der Stärke und dem Anteil an Bypass-Stärke, welche im Pansen nicht abgebaut wird, an. Darauf folgt der Faseranteil (NDF) und dessen verdaulicher Anteil. Wenn bereits hohe Stärkeanteile in einer Probe zu finden sind, fällt der Anteil an Fasern immer gering aus. Zum Schluss wird der Energiegehalt (NEL/NEV) einer Probe angeschaut. Die Ergebnisse der Untersuchungen von vielen Hundert Proben zeigen über die vergangenen Jahre eine hohe stetige Zunahme des Stärkeanteils und der TS, wodurch der Gehalt an Fasern sinkt. Erstaunlicherweise nimmt die Verdaulichkeit der noch verbliebenen tendentiell Fasern zu. Es fällt zudem die erhebliche Streuung der TS-, Stärke- und Fasergehalte von Maissilagen auf. Noch grösser ist die Streuung bei den Grassilagen. Umso wichtiger ist es, zu wissen, was nun auf dem eigenen Betrieb in den Mischwagen gefüllt wird. Nur wenn man die Charakteristika der eigenen Grobfuttermittel kennt, kann man die passenden Rationskomponenten zum Ausgleich von Defiziten oder Überschüssen in geeigneter Menge auswählen. Doch auch Rationen, die auf dem Papier “gut funktionieren”, können in der Praxis scheitern. Zentral wichtig sei es deshalb, stets das Tier bzw. die Mastgruppe anzuschauen – denn diese seien der entscheidende Gradmesser und bringen mit ihrem Verhalten, der Futteraufnahme und den Zunahmen zum Ausdruck, ob die angestrebten Ziele erreicht wurden.

Im dritten Referat betonte Jürg Schneider von Granovit, dass nicht unbedingt die Mäster mit der höchsten Energiedichte der Ration die besten Ergebnisse erreichen würden. Der Erfolg hänge von vielen Faktoren ab: das Anfüttern in der Vormast, das Tierwohl und die Tiergesundheit, die Konstanz der Fütterung, Fettabdeckung und das Grundfutter sind nur einige Beispiele. Jürg Schneider schloss sich den Ausführungen von Martin Kaske an: «Wir füttern den Pansen, nicht den Muni». Ergänzend unterstrich er, dass Fasern (NDF) und Struktur nicht das gleiche sind. Fasern sind Zellwände, diese können bei einer Futteranalyse untersucht werden und sind bei der Fütterung von Wiederkäuern von grosser Bedeutung. Die Struktur einer Mischung resultiert hingegen aus der Partikelgrösse und lässt sich durch das beherzte Hineinfassen in die Mischration beurteilen. Siebanalysen können darüber Aufschluss geben. Grundsätzlich ist es für jeden Betrieb wichtig, eine Checkliste für den korrekten Futterplan zu haben. Hierbei müssen auf jedem Betrieb die Faktoren Tier, Grundfutter, Fütterungssystem und Aufstallungssystem aufeinander abgestimmt werden. Am Beispiel eines Futterplans führte er die möglichen Optimierungen einer Ration aus. Er hob hervor, dass insbesondere beim Wechsel einzelner Grobfutterchargen ggf. Anpassungen vorgenommen werden müssen, um verminderte Zunahmen zu vermeiden. Schliesslich betonte er, dass immer wieder die Kontrolle der Futteraufnahme entscheidend sei – nur so könne geprüft werden, ob die Tiere eine berechnete Ration überhaupt vollständig fressen. Zudem gehöre die tägliche Kontrolle des Kots zu einer systematischen Rationskontrolle dazu.

Christoph Brütsch, Mäster auf einem Betrieb in Barzheim mit 500 Mastplätzen, berichtete schliesslich im letzten Beitrag dieses Webinars von seinen praktischen Erfahrungen mit der Rationsgestaltung. Die Berechnung der Ration ist nicht alles, sondern die Fütterung und die Tiere beeinflussen sich gegenseitig. So muss er beispielsweise eine Anpassung der Fütterung machen, wenn er eine Gruppe mit Simmentalern einstallt. Für seinen Betrieb speziell: Mais- und Grassilage kommen gänzlich aus Ballen. Ganz freiwillig war die Entscheidung, nur Ballen zu machen, nicht. Der Vorteil war jedoch, dass die Futteraufnahme und die Zunahmen sehr gut waren. So könne er unterschiedliche Silagen in der täglichen Fütterung  mischen und die TMR sei damit ausgeglichener. Auch er betonte die Wichtigkeit der Anpassung der Futterration je nach Mais- und Grassilage bzw. Heu. So kombiniert er Kunstwiese, Naturwiese, Erstschnitt und weitere Schnitte. Für den Zuschauer ergaben sich aus den detaillierten Ausführungen viele interessante Einblicke.

Eine Aufzeichnung der Veranstaltung ist für Interessierte verfügbar und kann über die Homepage der Rindergesundheit Schweiz aufgerufen werden.

 

 

Autorin Jessica Bauer RGS

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