Im März-Webinar wurde das Jungtier in den Fokus gestellt ganz nach dem Motto «das Kalb von heute ist die Kuh von morgen». In einem ersten Beitrag erläuterte Pirmin Zürcher, Fütterungscoach und Agronom mit eigenem Milchviehbetrieb, die wichtigsten Eckpfeiler einer erfolgreichen Jungviehaufzucht. Die Rinderaufzucht beginnt vor der Geburt und ist erst anfangs 3. Laktation abgeschlossen. Dies bedeutet, dass bereits die Galtphase des Muttertiers die Jungviehaufzucht massgeblich beeinflusst. Auch die Integration der Rinder in die Milchviehherde stellt einen wichtigen Abschnitt in der Jungviehaufzucht dar und muss möglichst stressfrei gestaltet werden. Empfohlen wird, die Rinder bereits ein Monat vor der Abkalbung in die Herde zu integrieren, damit sich diese bereits vor der Geburt an die Fütterung der Kühe gewöhnen können und die Umstallung nicht mit der Geburt kombiniert wird. Auf Schweizer Milchviehbetrieben gehen viele Kühe bereits in den ersten zwei Laktationen durch Fruchtbarkeits-, Euter- und Klauenprobleme ab. Wichtige Grundsteine, um solche Erkrankungen zu verhindern und die Tiergesundheit sowie Nutzungsdauer zu verbessern, werden bereits in der Aufzuchtphase gelegt. Ziel ist es, die Rinder im Alter von 14-16 Monaten zu besamen bei etwa 60 % des ausgewachsenen Gewichtes, damit die Tiere mit 22-25 Monaten (rasseabhängig) abkalben. Denn ein frühes Erstkalbealter hat einen positiven Einfluss auf die Lebensleistung.
Die Fruchtbarkeit der Rinder wird durch die Fütterung, Körperkondition und Haltungsbedingungen beeinflusst. Nach einer intensiven Fütterung in den ersten sechs Lebensmonaten sollte die Fütterungsintensität reduziert werden (Tageszunahmen von ca. 750 g/Tag), um eine Verfettung zu vermeiden. Ausserdem führt der sogenannte Fütterungsknick zu einer höheren Konzeptionsrate.
Negative Auswirkungen auf die Eutergesundheit haben unter anderem das gegenseitige Besaugen, das Vertränken von zellzahlhoher Milch und die Entwicklung eines Euterödemes nach der Abkalbung. Das gegenseitige Besaugen kann durch ein optimiertes Absetzmanagement verhindert werden. Nasenringe sind hierfür keine Lösung. Die Kälber sollten gruppenweise Schritt für Schritt bei einem Körpergewicht von mindestens 120 kg bei guter Raufutteraufnahme abgesetzt werden. Besteht das Problem trotz gutem Absetzmanagement, eignet sich das Anbieten von Alternativgegenständen (Nuggel, Ferkelspielzeuge), um das gegenseitige Besaugen zu minimieren. Eine zu eiweissbetonte Fütterung vor der Abkalbung muss vermieden werden, denn diese führt vermehrt zu Euterödemen. Treten solche trotzdem auf, ist es wichtig diese frühzeitig zu behandeln, um die negativen Auswirkungen zu minimieren.
Erstmelkkühe haben häufig mit Klauenproblemen zu kämpfen. Wichtig ist es, bereits in den ersten zwei Lebensjahren eine Klauenpflege durchzuführen, um die Klauen gesund zu erhalten. Eine starke Körperkonditionsabnahme nach der Abkalbung wirkt sich zudem negativ auf die Klauengesundheit aus und muss unbedingt vermieden werden.
In einem zweiten Teil stellte Florian Dickenmann, Milchviehhalter aus Uesslingen (TG), das Konzept der Rinderaufzucht seines eigenen Betriebes vor.
Wir bedanken uns bei Pirmin Zürcher und Florian Dickenmann für die spannenden Beiträge!
Autorin Christina Widmer RGS