Rückblick auf unser Webinar im Mai ««Klimakiller» Rind: stimmt das?»

Nutztiere spielen eine entscheidende Rolle bei der Verwertung von Grasland, der Aufrechterhaltung des Kreislaufs von Biomasse, der Bereitstellung organischer Düngemittel und der Erzeugung hochwertiger Lebensmittel. Doch die Tierhaltung ist mit erheblichen Emissionen von klimarelevanten Gasen, insbesondere Methan und Kohlendioxid, verbunden. Wie gross ist die Bedeutung der Nutztiere für das globale Klima aber tatsächlich? Welche Möglichkeiten gibt es, die Freisetzung von Methan zu vermindern und welche Perspektiven zeichnen sich für die Zukunft ab? Um diese Frage zu beantworten, hat Rindergesundheit Schweiz am 7. Mai drei Referenten zu einem Webinar eingeladen.

Der Abend startete mit einem Vortrag von Wilhelm Windisch, Professor für Tierernährung an der Technischen Universität München. Er wies zunächst darauf hin, dass Nutztiere ca. 6 % aller CO2 -Equivalent-Emissionen in der Schweiz verursachen. Weltweit wird in Zukunft die landwirtschaftliche Nutzfläche immer knapper. Damit der wachsenden Erdbevölkerung dennoch genügend Nahrung zur Verfügung steht, muss die Nutzfläche möglichst effizient bewirtschaftet werden. Aus diesem Grund sollte die Produktion von pflanzlicher Nahrung immer mehr Vorrang haben: man sollte also beispielsweise Getreide direkt als Mehl für die menschliche Ernährung nutzen, statt es an Tiere zu verfüttern, deren Fleisch dann verzehrt wird. Dabei wird aber häufig vergessen, dass bei der Produktion pflanzlicher Nahrungsmittel immer auch grosse Mengen an Biomasse entstehen, die nicht vom Menschen genutzt werden können. Bei Getreide sind das z. B. das Stroh, aber auch die Kleie und Spelzen. Das quantitative Verhältnis zwischen direkt vom Menschen nutzbarer und nicht-essbarer Biomasse liegt bei ca. 1 : 4. Insofern ergeben sich auch bei ausschliesslich veganer Ernährung immer grosse Mengen an nutzbaren Futtermitteln. Und da kommen die Nutztiere ins Spiel: deren Potential liegt darin, die für Menschen nicht nutzbare Biomasse in hochwertiges tierisches Protein (Milch, Fleisch) umzuwandeln. Zudem gibt es in der Schweiz viel Grünland, welches nicht ackerfähig ist und nur durch die Bewirtschaftung mit Nutztieren zur Nahrungsgewinnung verwendet werden kann.

Ziel für die Zukunft wäre damit eine Kreislaufwirtschaft, bei der das Nutztier kein Nahrungskonkurrent für den Menschen ist. Besonders gut funktioniert das mit Rindern mit ihren grossvolumigen Pansen, weniger gut bei Schweinen und Geflügel. Prof. Windisch hob hervor, dass sowohl eine reine vegane Ernährung als auch ein übermässiger Fleischkonsum das Klima negativ beeinflussen. Bei konsequenter Beachtung der primären Nutzung pflanzlicher Nahrungsmittel für die menschliche Ernährung, der effizienten Nutzung nicht-essbarer Biomasse durch Nutztiere und der finalen Verwertung verbleibender Rückstände in Biogasanlagen seien die Emissionen hingegen minimiert: erst kommt der Teller, dann der Trog, und schliesslich der Tank. Die Emissionen klimaschädlicher Gase aus der Nutztierhaltung lassen sich weiterhin reduzieren, indem auf eine möglichst gute Futterqualität geachtet wird, die Häufigkeit von Erkrankungen der Nutztiere so weit wie möglich verringert und die Nutzungsdauer von Kühen erhöht wird.

In einem weiteren Beitrag ging die Tierärztin Svenja Woudstra von der Universität Kopenhagen näher auf die neue Klimasteuer in Dänemark ein. In Dänemark wird Milch auf etwa 2'200 Betrieben mit im Mittel 270 Kühen produziert. Die durchschnittliche Herdenleistung liegt mit 11'500 kg sehr hoch. Dänemark hat sich zum Ziel gesetzt, eine besonders nachhaltige Landwirtschaft zu schaffen. Dazu wird unter anderem ab 2030 eine Steuer für tierisch produzierte Treibhausgase eingeführt, die die Erzeugerpreise um voraussichtlich etwa 4 €-ct pro Liter erhöhen wird. Bereits seit 2025 ist es bei grösseren Milchviehbetrieben zwingend, die Tiere mit Methan-reduzierenden Zusatzfuttermitteln zu füttern. Eine besondere Rolle spielt dabei 3-NOP, eine chemische Substanz, die zu einer um etwa 30% geringeren Methanproduktion im Pansen führt. Künftig sollen 60 mg pro Tag für mindestens 80 Tage im Jahr an alle erwachsenen Tiere eines Milchkuhbetriebes verfüttert werden.

Den abschliessenden Vortrag des Abends hielt Markus Rombach, Agronom bei Agridea. Er erläuterte die aktuellen Konzepte und Projekte in der Schweiz, die eine Minimierung der Auswirkungen der Tierhaltung auf das Klima zum Ziel haben. Insgesamt gingen die Treibhausgas- und Methanemissionen durch tierische Produkte in der Schweiz in den letzten zehn Jahren leicht zurück. Die Schweiz ist ein Grasland und eignet sich deshalb ideal für die Haltung von Nutztieren. Im Sinne des Klimas sollte die Grundfuttermenge maximiert werden und die Fütterung neben Gras nur aus Nebenprodukten der Nahrungsmittelherstellung bestehen. Um die Emissionen weiter zu senken, wären eine Verbesserung der Tiergesundheit, die erhöhte Nutzungsdauer, verlängerte Laktation, Reduktion des Erstkalbealters, Züchtung auf hohe Futtereffizienz und Methan-reduzierende Zusatzfuttermittel mögliche Ansätze. Zu diesen laufen auch diverse Projekte in der Schweiz. Grundsätzlich ist eine klimafreundliche Tierhaltung möglich. Zukunftsfähig sind robuste Zweinutzungsrassen, die graslandbasiert gefüttert werden und eine lange Lebensdauer haben. Die Verminderung der Methanemissionen ist dabei zentral. Jedoch sollte hier nicht nur der Landwirt im Fokus stehen, sondern auch der Verbraucher und die Politik. Zudem werde nur ein vergleichsweis kleiner Anteil der Treibhausgasemissionen durch Nutztiere verursacht - und es sei deshalb wichtig, auch in anderen Bereichen die Treibhausgasemissionen zu senken.

Autorin Christina Widmer RGS

 

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