Tagung des Netzwerk Nutztiere

Am 13.5.25 fand an der HAFL die wissenschaftliche Tagung des Netzwerk Nutztiere statt. Es wurden mehrere interessante Beiträge vorgestellt. Einer davon war der Beitrag von Dr. A. van Knegsel, von der Universität Wageningen, über die Konsequenzen der verlängerten Laktation – für Kühe, Kälber und Landwirte.

In Zeiten steigender Anforderungen an Tierwohl, Nachhaltigkeit und wirtschaftliche Effizienz rückt die klassische Laktationskurve zunehmend in den Fokus kritischer Diskussionen.

Ein Umdenken beim Kalbeintervall

Das übliche Management zielt auf ein Kalbeintervall von 365 Tagen ab – mit dem Ziel maximaler Milchleistung. Doch jede Kalbung ist nicht nur ein produktiver Neubeginn, sondern auch ein gesundheitlicher Risikomoment: Geburtskomplikationen, Nachgeburtsverhalten, Stoffwechselstörungen und Fruchtbarkeitsprobleme sind häufige Begleiter.

Ein Netzwerk von „Pionierbetrieben“ in den Niederlanden setzt daher bewusst auf eine verlängerte freiwillige Wartezeit (Voluntary Waiting Period, VWP) vor der ersten Besamung. Die Idee: weniger Kalbungen, mehr Stabilität.

Forschung am Dairy Campus: Drei Gruppen, viele Erkenntnisse

In einer großangelegten Studie wurden 154 Kühe 6 Wochen nach der Kalbung einer von drei VWP-Gruppen zugeteilt: 50, 125 oder 200 Tage. Dabei wurden Milchleistung, Körperkondition, Stoffwechselparameter und ökonomische Kennzahlen erfasst.

Ergebnisse im Überblick:

Weniger Risiko – mehr Fruchtbarkeit

Längere VWP führten unter anderem dazu:

Kälber: Kein Nachteil – eher ein anderer Startpunkt

Weder Wachstum noch Körpergewicht der Kälber bis zur Erstkalbung unterschieden sich signifikant zwischen den Gruppen. Interessant: Kälber aus kurzen Kalbeintervallen wiesen höhere Antikörperspiegel im Plasma auf – ein Hinweis auf Unterschiede im Immunstatus rund um die Geburt.

Tiergesundheit im Fokus

Entgegen manchen Erwartungen zeigten sich keine negativen Auswirkungen auf die Eutergesundheit (im Bezug auf Zellzahl und Mastitis). Auch Stoffwechselindikatoren wie NEFA und BHB waren im Rahmen. Das kritische Augenmerk sollte jedoch auf das Körperkonditionsmanagement in der Spätlaktation gerichtet werden – besonders bei älteren Kühen.

Wirtschaftlichkeit: Weniger Erlös – aber auch weniger Kosten

Die Milchmenge pro Jahr sank mit längerer VWP – jedoch auch die Kosten für Kraftfutter, Behandlungen und Besamungen. Unter dem Strich blieb der wirtschaftliche Unterschied gering. Entscheidender: Die individuelle Kuhleistung war für den Gewinn deutlich bedeutsamer als die gewählte VWP.

Fazit: Individualisierung statt Einheitsstrategie

Die verlängerte Laktation ist kein pauschaler Weg – aber eine hochinteressante Option für selektierte Tiere. Entscheidungsmodelle, die Milchleistung, Persistenz, BCS und Laktationsstadium berücksichtigen, können helfen, passende Tiere zu identifizieren. Ziel: Weniger kritische Übergangsphasen, bessere Fruchtbarkeit und nachhaltigere Produktionssysteme.

Tipp aus der Praxis: Die Laktationsdauer sollte nicht einfach so verlängert, sondern gezielt angepasst werden. Kuhspezifisches Management ist der Schlüssel.

Weiterführende Infos & Tools:
Projekt OptiLac: www.adp.wur.nl
Kontakt: Ariette.vanKnegsel@wur.nl

Hinweis auf Studien aus der Schweiz: In der Schweiz wurde ebenfalls ein Projekt über die Möglichkeiten der verlängerten Laktation durchgeführt durch Agridea und RGS. Unterlagen und genauere Informationen zum Projekt und den Ergebnissen finden Sie hier: Verlängerte Laktation: Eine Option für Schweizer Milchviehbetriebe? - Agripedia

 

Autorin Teja Snedec RGS

 

Um mehr zu lesen müssen Sie sich anmelden

© 2025 Rindergesundheit Schweiz RGS Datenschutzerklärung
website by WeServe