Vet's Corner 03/2024

Training in motivational interviewing improves cattle veterinarians’ communication skills for herd health management
Catarina Svensson ,1 Hans Wickström,2 Ulf Emanuelson,1 Alison M Bard,3 Kristen K Reyher,3 Lars Forsberg4
Veterinary Record (2020) doi: 10.1136/vr.105646

Diese Studie hat die Fähigkeit von Tierärzten zur Kommunikation ins Zentrum gesetzt. Dabei ging es um Rindertierärzte, die auch bei Problemen auf Bestandesebene Beratung anbieten.

In der Einleitung wird die Calgary-Cambridge Methode angesprochen, ein Leitfaden zur Arzt-Patienten-Kommunikation, der ursprünglich aus der Humanmedizin stammt. Er bietet eine wissenschaftlich fundierte Struktur, um Kommunikation zu unterrichten.

Diese Methode wird inzwischen immer mehr auf die Veterinärmedizin adaptiert, da man sich gerade in der Bestandesmedizin immer bewusster wird, wie wichtig es ist, die Landwirte zum Mitmachen zu bewegen und zusammen Entscheidungen zu treffen.

Trotz dieser Erkenntnis haben Bestandesmediziner in Studien wenig Fähigkeiten in den folgenden Gebieten gezeigt: Die Meinung des Kunden einholen oder das Recht des Kunden anzuerkennen, seine eigenen Entscheidungen zu treffen. Stattdessen wird eher versucht, die Kunden zu überzeugen jene Entscheidungen zu treffen, die im Auge der Tierärzte am geeignetsten sind.

Die Studie sieht hier einen Bedarf, Tierärzte in kundenorientierter Kommunikation zu schulen. Dabei kommt das Konzept der motivierenden Gesprächsführung zum Zug. Dieses hat gute Erfolge dabei gezeigt, eine Verhaltensänderung beim Kunden hervorzurufen: Zum Beispiel weniger rauchen, weniger Alkohol trinken oder andere Änderungen des Lebensstils. Dafür braucht es Beziehungskompetenz, um ein Team mit dem Kunden zu bilden, wie auch technische Fähigkeiten, um die eigene Motivation des Kunden zu wecken und zu unterstützen.

In dieser Studie haben anfangs 42 Tierärzte teilgenommen (= 37% aller schwedischen Tierärzte, die sich mit Bestandesmedizin beschäftigen) und 32 haben das Trainingsprogramm abgeschlossen. Dieses Programm bestand aus 6 Workshops über 6-7 Monaten. Jeder Workshop war ein in sich abgeschlossener Themenblock, z.B. Block 1: «Zuhören und Zusammenarbeit vermitteln.» Alle Themen sind in der Studie im Detail aufgelistet. Jeder Tierarzt hat an 6 Rollenspielen teilgenommen; 3 vor und 3 nach dem Training. Diese Aufzeichnungen wurden kodiert und ausgewertet. Ausserdem konnten die Tierärzte über einen Fragebogen Rückmeldungen zur Veranstaltung abgeben.

Alle Teilnehmer haben ihre Fähigkeiten in mindestens einem Parameter verbessert und von 16 untersuchten Variablen zur motivierenden Gesprächsführung konnte in allen ausser 3 (Zusammenarbeit suchen, einfache Überlegungen und Konfrontation) eine signifikante Verbesserung gefunden werden. Für das Rechenmodell wurden auch das Empathie Level vor dem Training und die Jahre Erfahrung miteinbezogen. Empathie war eine der Variablen, die sich über das Training stark verbessert hat. Dabei hatten Teilnehmer mit niedrigeren Ausgangswerten mehr Potential zu Verbesserung. Ausserdem gab es eine signifikante Interaktion zwischen den Erfahrungsjahren und den Variablen Gespräche über Veränderung pflegen, Informationen geben, überzeugen und Zusammenarbeit suchen. Tierärzte mit sehr viel (> 15 Jahre) oder sehr wenig (< 1 Jahr) Erfahrung haben sich bei den Gesprächen über Veränderungen am wenigsten verbessert. Weitere Variablen sind direkt der Studie zu entnehmen.

Die Workshops wurden von den Teilnehmern sehr gut aufgenommen; sie haben der Relevanz für ihre Arbeit 4.9 Punkte und ihrer Zufriedenheit mit dem Programm 5.1 Punkte auf einer Skala von 1-6 gegeben. Bei der Relevanz wurde nicht nur die Zusammenarbeit mit Kunden, sondern auch mit Berufskollegen/innen erwähnt.

Die Teilnahme an der Studie war freiwillig (sogenanntes «convience sample»), dadurch haben eher Tierärzte teilgenommen, die bereits ein gewisses Interesse für das Thema hatten.

Momentan gibt es noch keine einheitliche Meinung über den optimalen Kommunikationsstil bei der Bestandesberatung. Es braucht noch mehr Forschung, um herauszufinden, ob der Ansatz der motivierenden Gesprächsführung zielführend ist.

In dieser Studie wurden Gespräche mit Schauspielern gestellt, was mehr oder weniger weit weg von der Realität sein kann. Der Zeitaufwand und die Möglichkeit reale Gespräche aufzunehmen und beurteilen zu lassen, stellen grosse Hürden in der Weiterentwicklung der Kommunikationsfähigkeiten dar. Obwohl die Aufnahme von Gesprächen als «beängstigend» wahrgenommen wurde, haben es die Teilnehmer/Innen als einer der wertvollsten Teile des Trainings beschrieben. Trotz den signifikanten Verbesserungen, hat nur ein Teil der Teilnehmenden zum Schluss mässige bis gute Fähigkeiten in der motivierenden Gesprächsführung erlangt. Es könnte sinnvoll sein, diese Fähigkeiten bereits früh – z.B. in der Ausbildung – anfangen zu schulen.

 

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