Webinar CowSignals®: Was uns die Kühe über ihre Ställe sagen

Die durchschnittliche Laktationsnummer weltweit ist bei 2.5 Laktationen (CH: 3.0 bis 3.8 je nach Rasse), 30% der Kühe in Europa gehen jeden Tag lahm (CH 14.8 % nach Becker et al. 2014) und es sind immer noch zu viele Kühe, die an Euterentzündungen erkranken oder nach dem Abkalben festliegen.

Alle diese Probleme kosten Zeit und Nerven. Die holländischen Tierärzte Joep Driessen und Jan Hulsen hatten genug davon, den Problemen auf den Höfen nachzurennen und wollten da ansetzen, wo sie beginnen. Sie haben Betriebe mit langlebigen und gesunden Kühen weltweit besucht und angefangen Tierärzt/innen, Landwirt/innen und andere Fachleute auszubilden. Der Erfolg gibt ihnen Recht, denn drei der erfolgreichsten Ställe in den Niederlanden wurden von ihnen konzipiert. Deshalb ist unsere Mitarbeiterin Lara Moser eine Woche in die Niederlande gereist, um dieses Wissen auch für uns und speziell auch für die französisch sprachige Schweiz zugänglich zu machen.

Mehr Infos unter: About us | CowSignals®

Die wichtigsten Konzepte hat Lara Moser in diesem Webinar klar und übersichtlich vermittelt. Stellt man sich die Kuh in ihrem natürlichen Lebensraum (Wald und Weide) vor, so verfügt sie fast zu jedem Zeitpunkt über folgende 6 Freiheiten: Futter, Wasser, Licht, Luft, eine angenehme Liegefläche und Platz.

Es ist eine grosse Herausforderung, Ställe so zu gestalten, dass die Tiere in diesen Freiheiten nicht oder nur wenig einschränkt werden. Wie gut es funktioniert, findet man heraus, indem man die Tiere beobachtet und sich den Stall genau anschaut. Basierend auf dem Resultat der  Beobachtungen sollte man aktiv werden und mögliche Änderungen anpacken.

Ein Alarmzeichen sind Kühe, die warten, bzw. im Stall herumstehen. In den allermeisten Fällen heisst das, dass die Kuh gerne etwas tun würde, es aber nicht kann. Sie möchte sich z.B. hinlegen, aber es ist zu unbequem, oder sie möchte fressen, aber alle Fressplätze sind besetzt.

Vor allem Kühe mit hoher Leistung sollten immer und einfach Zugang zu Futter haben, ohne dass Stalleinrichtungen sie bei der Futteraufnahme behindern und/oder zu Technopathien führen. Technopathien sind haltungsbedingte Schäden, die durch mangelhafte oder nicht passende Stalleinrichtung am Tier entstehen wie z.B. haarlose Stellen oder Schwellungen an Nacken und Widerrist, wenn die Tiere beim Fressen durch das Fressgitter behindert werden. Nach CowSignals® ist ein Fressplatz pro Kuh einer der wichtigsten Faktoren, die Betriebe erfolgreich machen.

Die Wasserversorgung ist bei immer höherer Leistung und stetig wärmeren Temperaturen von grosser Bedeutung. Der Wasserdurchfluss bei Selbsttränken ist oft zu knapp (15 L/min wäre gut), während bei Trogtränken die Hygiene zum Stolperstein werden kann.

«Die Kuh ist kein Höhlenbewohner» - dieser Satz kommt vor allem den Personen, die bereits bei Christian Manser oder einem anderen Kuhsignaletrainer in einem Kurs waren, sicher bekannt vor. Viel Luftzirkulation ist auch für die Hygiene gut, denn sie beugt feuchter Einstreu vor. Kühe, die ihre Nase in jede Ritze stecken, um frische Luft zu schnappen, zeigen Handlungsbedarf an. Die Kondensation von Feuchtigkeit ist z.B. auch an Stalldecken sichtbar.

Was denken Sie, wie lange ist eine Holsteinkuh von Schwanzansatz bis Nasenspitze?

Es sind 2m und 60 cm, was genau der Mindestanforderung des Tierschutzes für die Länge der wandständigen Boxen entspricht. Diese wird in den meisten Ställen übernommen. Beobachtet man nun diese Kuh beim Aufstehen auf der Weide und sieht, wie weit ihr Kopf dabei nach vorne kommt, um Schwung zu holen, so wird klar, dass dies sehr knapp bemessen ist. Sie wird also bei den 10-15 -mal, die sie pro Tag aufsteht, jedes Mal etwas Mühe haben. Sie wird sich eher etwas schräg in die Boxe legen und häufiger darin Mist absetzen. Eventuell wird sie auch weniger häufig liegen, was einen negativen Einfluss auf die Gesundheit und die Milchleistung hat. Ein weiteres Hindernis stellt in vielen Ställen ein zu tief eingestelltes Nackenrohr dar (ideal für Holsteiner: 125-130cm und besser als flexibles Band).

Weiterhin wichtig ist die möglichst geringe Rutschgefahr in Liegeboxen, aber auch in den Gängen. Sackgassen sollten vermieden werden. Auch wenn der Stall eher eng gebaut wurde, so kann man einen kritischen Punkt immer verbessern: Kühe bewegen sich langsam und brauchen Zeit, um sich zu verschieben. Ein ruhiger Umgang hilft dabei, Schäden durch abrupte Bewegungen zu vermeiden.

Wodurch haben sich die besten Betriebe auch noch hervorgehoben? Sie hatten eine sogenannte «stress free calving line» und sie haben mit Sand eingestreut im Liegebereich. Bei der «stress-free calving line» handelt es sich um grosszügig bemessenen Platz für Transitkühe. Sie sollen zwei Wochen vor bis zwei Wochen nach der Abkalbung möglichst komfortabel auf Tiefstreu liegen können und einfach an Futter und Wasser kommen.

Nun aber noch eine Innovation für Betriebe, die nicht gerade an einen Neu- oder Umbau denken: Die «Cuddle Box». Damit hat das Unternehmen einen «Innovation Award» an der Eurotier gewonnen. Dabei ist die Idee recht simpel: Man legt das neugeborene Kalb in eine einfache Box vor die Kuh neben dem Futter und melkt gleichzeitig. Die Oxytocinausschüttung durch den Kontakt mit dem Kalb führt zum Milcheinschuss und es wurde gezeigt, dass die Kuh auch besser frisst.

Im zweiten Teil waren die Teilnehmer/innen gefragt, denn es wurde ein Video eines Betriebsbesuches gezeigt und sie sollten selbständig die 6 Freiheiten bewerten, sowie nach Optimierungsmöglichkeiten suchen. An dieser Stelle nochmal herzlichen Dank an die Familie Rossé in Courcelon, die ihre Stalltüren dafür geöffnet hat. Im Video zeigt Lara Moser ausserdem live, wie verschiedene Kriterien wie Lahmheit, Sauberkeit, Pansenfüllung, Körperkondition oder Technopathien an der Kuh beurteilt werden können.

Die Signale der Kühe zeigen nicht nur Dinge auf, die nicht optimal sind, sondern verändern sich auch schnell nach Verbesserungen. Das kann Freude machen und wird zusätzlich durch eine bessere Wirtschaftlichkeit belohnt. Es müssen nicht immer grosse kostspielige Umbauten sein. Kleinere Dinge, wie die Erhöhung des Nackenrohrs, können schon eine deutliche Verbesserung bringen für die Kuh.

 

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