Herr Professor Nuss von der Vetsuisse Fakultät Zürich eröffnete den Abend mit einem Vortrag über die Lahmheitserkennung und -beurteilung beim Rind. Lahmheiten sind durch schmerzhafte Erkrankungen (häufig), periphere Nervenschädigungen oder mechanische Funktionsstörungen bedingt. Es werden Stütz- und Hangbeinlahmheiten unterschieden. Zur Lahmheitseinteilung, standardmässig in fünf Grade, können das Ab- und Anheben des Kopfes, das Aufkrümmen des Rückens, die Asymmetrie der Belastung, die Schrittlänge, die Aufnahme des Gewichtes und die Gelenkwinkelung zur Hilfe gezogen werden. Die Zuschauer des Webinars erhielten zur Veranschaulichung der Theorie und zur Übung viele lehrreiche Videos. Die fünf Lahmheitsgrade helfen zu entscheiden, ob und unter welchen Umständen Tiere an den Schlachthof transportiert werden dürfen. Als Entscheidungshilfe dient ein Leitfaden (zu finden auf der Website des BLV: Beurteilung der Transportfähigkeit von kranken und verletzten Schlachttieren). Für einen tierschutzkonformen Transport sind in erster Linie die Tierhalter verantwortlich. Bei Unsicherheiten sollte der Tierarzt herangezogen werden. Auch die Transporteure werden während dem Transport in die Verantwortung einbezogen.
Im zweiten Teil des Abends erläuterte Andrea Preiswerk vom Ressourcenprojekt Gesunde Klauen das Thema Lahmheit auf Betriebsebene und ging näher auf den Einfluss der Haltung auf die Klauengesundheit ein. Jedes Haltungssystem ist ein Kompromiss zwischen Bauvorgaben und dem Bedürfnis der Kuh. Je mehr sich das Haltungssystem von der natürlichen Lebensweise auf einer Weide unterscheidet, desto grösser ist das Risiko für Erkrankungen. Heutzutage sind mechanische Überlastungen, zum Beispiel durch lange Stehzeiten, öfters für Klauenerkrankungen verantwortlich, als metabolische Ursachen. Häufige mechanisch bedingte Klauenerkrankungen sind Sohlengeschwüre, Defekte an der Weissen Linie, Sohlenblutungen und Zwischenklauenwarzen. Zu den häufigsten infektiösen Klauenerkrankungen zählen Ballenhornfäule und Mortellaro. Ein Betriebsbesuch durch das Ressourcenprojekt Gesunde Klauen beginnt mit einer systematischen Risikofaktorenanalyse. Abzuklärende Risikofaktoren sind Klauenpflege, Fütterung, Komfort, Haltung, Infektionen, Verhalten und Zucht. Diese werden durch einen Fragebogen, Daten der Klauenpflege und einen Betriebsrundgang erhoben. Nach einem Betriebsbesuch werden Ziele definiert und Massnahmen empfohlen. Beispiele für Massnahmen sind eine Erhöhung der Entmistungsfrequenz, eine bessere Liegeboxenpflege oder eine Ausbesserung des Bodens. Zum Abschluss des Abends wurde der Ablauf eines Betriebsbesuches anhand eines Beispielbetriebes, welcher vermehrt Probleme mit Ballenhornfäule und Mortellaro hat, illustriert.
Dieses Webinar kann für Mitglieder unter folgendem Link nachgeschaut werden: Webinar Lahmheiten bei Rindern
Autorin: Jessica Bauer, Tierärztin RGS