Zusammenfassung der „Liebefelder Milchtagung 2024“ am 19.11.2024 in Zollikofen

Am 19.11.2024 fand die „Liebefelder Milchtagung 2024“ statt, bei der spannende neue Erkenntnisse aus der Forschung von Agroscope und der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL) präsentiert wurden. Im Folgenden finden Sie die Zusammenfassung von zwei der Vorträge:

Das „EffNMilk“-Projekt verfolgt ein spannendes Ziel: Es will die genetischen Grundlagen verstehen, die es Kühen ermöglicht, Futtereiweiß effizienter in Milcheiweiß umzuwandeln und gleichzeitig die Methanemissionen deutlich zu senken. Dies könnte die Zucht stickstoffeffizienter Tiere vorantreiben, die nicht nur die Rentabilität steigern, sondern auch den Bedarf an Kraftfutter langfristig senken – eine echte Win-Win-Situation!

Stickstoff ist ein unverzichtbarer Nährstoff für Kühe. Doch wenn zu viel Stickstoff im System verloren geht, sinkt nicht nur die Milchleistung (z. B. weniger Milcheiweiß), sondern auch die Umwelt und die Trinkwasserqualität werden belastet. Hier setzt das Projekt an: Durch optimierte Fütterungsstrategien und genetische Selektion sollen diese Verluste drastisch reduziert werden.

Schon jetzt gibt es Hinweise darauf, dass Kühe genetisch unterschiedlich effizient mit Futter umgehen. Das bedeutet, dass dieses Effizienzmerkmal möglicherweise vererbbar ist – was langfristig die Selektion von noch effizienteren Tieren ermöglichen könnte. Während die Vererbbarkeit der Methanproduktion mittlerweile gut verstanden ist, gibt es bei der Stickstoffnutzung noch viele offene Fragen.

Derzeit liegt der Fokus des Projekts auf der Analyse der Rolle der Fütterung, der Erweiterung von Referenzdatensätzen und der Verbesserung von Vorhersagemodellen mittels Infrarotspektroskopie. Bis 2025 sollen genauere Modelle zur Stickstoffnutzung entwickelt und durch zusätzliche Daten von mehr Kühen unterstützt werden. Für die Reduktion der Methanemissionen stehen die Entwicklung neuer Zuchtmodelle und die Einbeziehung von noch mehr Tieren auf der Agenda – ein spannender Weg in eine nachhaltigere Zukunft für die Milchproduktion!

Die Studie beleuchtet, wie die botanische Vielfalt auf Weiden die Bakteriengemeinschaften entlang der gesamten Produktionskette von Rohmilchkäse beeinflusst und welche spannenden Auswirkungen dies auf die sensorischen Eigenschaften des Käses hat. Im Mittelpunkt stehen die Käsefarbe (Karotinoide), die Textur (Fettsäureprofil) sowie die Gerüche und Aromen, die den Käse so einzigartig machen. Dabei spielt das Mikrobiom – also die Vielzahl der Mikroorganismen in Milch und Käse – eine zentrale Rolle bei der Bildung dieser Aromen. Es wird sowohl durch die Melkpraxis als auch durch das Weidesystem und die Umgebungsbedingungen des Betriebs beeinflusst.

Für die Untersuchung wurde der idyllische Versuchsbetrieb INRAE Herbipôle in Marcenat im Massif Central auf 1.100 m Höhe gewählt. Hier wurden zwei kontrastreiche Weidesysteme auf benachbarten Parzellen miteinander verglichen: eine Weide mit hoher botanischer Artenvielfalt (HD), die aus Dauergrünland mit 74 verschiedenen Pflanzenarten bestand und einen Shannon-Diversitätsindex von H' 312 aufwies, und eine Weide mit niedriger Artenvielfalt (LD), einem ehemaligen temporären Grünland, auf dem nur 31 Arten vorkamen und der Shannon-Diversitätsindex1 bei H' 219 lag. Beide Weiden wurden für jeweils einen Monat genutzt, wobei die Kühe ausschließlich auf der Weide waren und keinerlei Ergänzungsfutter erhielten.

Die Ergebnisse der Studie waren faszinierend: Der Käse von Kühen, die auf Weiden mit hoher Artenvielfalt grasten, unterschied sich vor allem im Geruch und dem Aroma von Trockenfrüchten sowie in seiner Festigkeit von dem Käse von Kühen, die auf Weiden mit niedriger Artenvielfalt weideten. Darüber hinaus wurden 46% der in Käse (Teig und Rinde) gefundenen Amplicon Sequence Variants (ASV)2 auch in den Bakteriengemeinschaften der Milch und der simulierten Bissen nachgewiesen. Einige der identifizierten Gattungen sind bekannt für ihre Rolle in der Käsereifung, und es wurden sogar ASVs gefunden, die spezifisch für das jeweilige Weidesystem – hoch- oder niedrig divers – waren.

Die Studie zeigt eindrucksvoll, dass die Selektion und Anreicherung der bakteriellen Gemeinschaften bereits auf der Weide beginnt und sich während der gesamten Käseproduktion fortsetzt. In zukünftigen Untersuchungen könnte es zudem spannend sein, andere mikrobielle Gemeinschaften, wie Pilze und Hefen, zu betrachten, die ebenfalls eine wichtige Rolle bei der Herstellung von Rohmilchkäse spielen und zur weiteren Verbesserung der Käsequalität beitragen könnten.

1 Der Shannon-Diversitätsindex beschreibt die biologische Vielfalt (Biodiversität) und ihre Verteilung. Der Index steigt mit zunehmender Artenvielfalt (wie viele verschieden Pflanzen gibt es?) und Artenverteilung (wie gleichmäßig sind die Pflanzen auf der Wiese verteilt?).

2 Amplicon Sequence Variants (ASV): sind individuelle und einzigartige DNA-Sequenzen. Amplicon-Sequenzierung ist eine Methode, die die Vervielfältigung eines spezifischen Gens nutzt, das als charakteristisch für den Mikroorganismus gilt, typischerweise auf der Genus-Ebene.

 

Autorin Teja Snedec RGS

 

Um mehr zu lesen müssen Sie sich anmelden

© 2025 Rindergesundheit Schweiz RGS Datenschutzerklärung
website by WeServe