Untersuchung der Auswirkungen der Biosicherheitspraktiken und Tierwohl in der kleinbäuerlichen Milchviehhaltung in den Bergen
In den vergangenen Jahren hat man in der Milchwirtschaft zunehmend erkannt, wie bedeutsam Biosicherheitsmaßnahmen sind. Dadurch kann eine Herde vor der Einschleppung und Ausbreitung von Krankheiten geschützt oder zumindest das Risiko minimiert werden. Außerdem kann die Produktivität gesteigert und das Risiko von Seuchenausbrüchen verringert werden.
2018 hat Italien ein neues integriertes System namens «ClassyFarm» eingeführt, welches Daten zu Biosicherheit und Tierwohl aus Feldstudien, Antibiotikaverrauch und Antibiotikaresistenzen (unter Berücksichtigung von Daten aus dem elektronischen Verschreibungssystem für Tierarzneimittel), Betriebsdaten zu Gesundheitszustand, Produktion und Futtermitteln sowie auf Tierwohl und Tiergesundheit bezogene Schlachtauswertungen (wie Lungenscores oder angefressene Schwänze beim Schwein) kombiniert. Seit 2023 ist dieses System auch für Milchviehbetriebe im Einsatz. Da es Studien gibt, die aufzeigen, dass die Umsetzung von Biosicherheits- und Tierwohlmassnahmen in kleinen Betrieben im Berggebiet etwas limitiert sind aufgrund der Voraussetzungen, wurde diese Studie durchgeführt.
Um Landwirte zu motivieren, Biosicherheitsmaßnahmen und Verbesserungen des Tierwohls auf ihren Betrieben umzusetzen, sollten erstens die Wechselwirkung zwischen Biosicherheitsmaßnahmen und Produktivität (Milchleistung, Milchqualität) untersucht und zweitens die wirtschaftlichen Auswirkungen der Anwendung solcher Maßnahmen für die Betriebe quantifiziert werden. Daher wurden in der vorliegenden Studie die Biosicherheit und der Tierwohlstatus von 2291 Milchviehbetrieben (im Durchschnitt 14 Kühe, von 7-166 Kühe pro Betrieb) im bergigen Südtirol unter Berücksichtigung des offiziellen Tierwohlprotokolls für Milchkühe des italienischen ClassyFarm-Systems untersucht, um realistische und praktische Einblicke in die Wechselwirkung zwischen Biosicherheits- und Tierwohlmaßnahmen mit der Milchleistung (Qualität und Ertrag) und der daraus resultierenden wirtschaftlichen Leistung gewonnen werden.
Im Rahmen der Betriebsbesuche stellten die speziell geschulten Auditoren den Landwirtinnen und Landwirten mehrere Fragen zu fünf grösseren Bereichen (Biosicherheit, Management und Personal, Betriebsstrukturen, Maßnahmen im Tierbereich, Gefahren und Risiken). Jeder Frage wurde ein numerischer Wert von 0, 1 oder 2 zugewiesen, der das Fehlen, das teilweise Fehlen bzw. das vollständige Vorhandensein der Maßnahme bzw. des Kriteriums angab. Durch Summierung der Punkte wurde für jeden Betrieb eine kumulative Punktzahl errechnet, sowohl für die Biosicherheitsmaßnahmen als auch für die Tierwohlkriterien. Diese Methode ermöglichte es, das Niveau der Biosicherheit und des Tierwohls zu quantifizieren und den Prozentsatz der Betriebe zu bestimmen, die bestimmte Maßnahmen oder Kriterien erfüllten. Darüber hinaus wurden im Rahmen der amtlichen Milchleistungskontrollen alle 5 Wochen Milchproben entnommen und die klassischen Milchqualitätsdaten (Milchfett, Milcheiweiß) und die somatische Zellzahl (SCC) untersucht. Das Milchpreissystem für konventionelle Milch der Genossenschaft Bergmilch Südtirol wurde für die Formulierung des Milchpreises für die jeweilige Milchqualität verwendet, welches die obengenannten drei Parameter berücksichtigt, da die meisten Südtiroler Milchviehbetriebe Mitglieder dieser Genossenschaft sind. In diesem Milchpreissystem wird das Tierwohl derzeit nicht berücksichtigt. Die Methode zur Schätzung des Preissystems von Molkereigenossenschaften in Südtirol basierte auf der Formel mit dem Bonus/Abzug:
Gesamtertrag = 0,046€ pro kg Fett + 0,036€ pro kg Eiweiß
Um die Beziehungen zwischen Tierwohl und Biosicherheit, SCC, Fett, Protein, Milchleistung und Milchpreis zu untersuchen wurden Korrelationskoeffizienten (Rho) berechnet. Anschließend wurden die Auswirkungen der Biosicherheits- und Tierwohlbewertungen auf verschiedene wirtschaftliche Indikatoren wie die Milchproduktion und die Rentabilität in Euro untersucht. Nur die Indikatoren, die einen signifikanten Einfluss auf die Milcherzeugung und damit auf die wirtschaftlichen Indizes hatten, wurden in die weiteren statistischen Analysen miteinbezogen.
Die Ergebnisse zeigten:
Interaktion zwischen Tierwohl- und Biosicherheitskennzahlen mit Milchleistung und Milchqualität:
Auswirkungen von Biosicherheit und Tierwohl auf die Betriebswirtschaft
Sowohl für die Biosicherheit wie auch für das Tierwohl führte ein Anstieg des jeweiligen Index (Anzahl Punkte) zu einem Anstieg der prognostizierten Rentabilität pro Kuh und Jahr. In Zahlen ausgedrückt, führte eine Erhöhung um einen Punkt für Biosicherheit zu Mehreinnahmen von 272,23 € pro Kuh und Jahr und eine Erhöhung um eine Punktzahl für Tierschutz zu einer Umsatzsteigerung von 160,29 € pro Kuh und Jahr. Diese Informationen wurden bei der Berechnung der Schätzungen berücksichtigt, um die tatsächliche Steigerung der Rentabilität der Betriebe bei Verbesserung des Tierwohl- und Biosicherheitsstatus zu quantifizieren. Ein signifikanter Anstieg der energiekorrigierten Milchproduktion und ein signifikanter Rückgang der somatischen Zellzahl wurden beobachtet bei steigenden Tierwohl- und Biosicherheitsindizes. Dies führte zu einem signifikanten Anstieg des Milchpreises in den Betrieben, die der höchsten Klasse der Biosicherheits- und Tierwohlbewertung entsprachen.
Beispiel:
Die Betriebe mit einem Biosicherheitsindex von 20 bis 30 verdienten im Durchschnitt etwa 0,1 Euro mehr pro kg verkaufter Milch als Betriebe mit einem Biosicherheitsindex unter 10. Was das Tierwohl betrifft, verdienten Betriebe mit einer höheren Tierwohlbewertung (61 bis 81 Punkte) 0,17 Euro mehr pro kg verkaufter Milch als Betriebe mit einer niedrigen Tierwohlbewertung (< 45 Punkte).
Die beobachteten Ergebnisse zeigen detailliert und realistisch auf, dass Biosicherheits- und Tierwohlmaßnahmen mit der Milchleistung (sowohl Qualität als auch Ertrag) interagieren und in der Folge die wirtschaftliche Leistung beeinflussen.
Die Ergebnisse dieser Studie zeigen aber auch, dass in diesen Betrieben bisher Biosicherheitsmaßnahmen nur wenig bis mäßig umgesetzt worden sind. Dies liegt zum Teil daran, dass die Betriebsgebäude im Berggebiet aufgrund der topografischen Gegebenheiten gewisse strukturelle Einschränkungen aufweisen. Im Gegensatz dazu wurde in den meisten Betrieben ein angemessenes Tierwohl festgestellt.
Ein sehr wichtiger Aspekt ist das Potential der Steigerung des Bewusstseins der Landwirte in Bezug auf Biosicherheit. In Zukunft sollten gezielte Maßnahmen und Bildungsangebote für Landwirte entwickelt werden, um sie zu unterstützen und bewährte Praktiken zu fördern.
Unter dem folgenden Link finden Sie einen Fragebogen, mit welchem Sie die interne und externe Biosicherheit Ihres Betriebes überprüfen und Schwachstellen aufdecken können:
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Gesunde Nutztiere - Biosicherheits Check (gesunde-nutztiere.ch)
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In der heutigen Landwirtschaft sind höchste Standards in Tiergesundheit und Hygiene unerlässlich, um die Herde sowie die Effizienz und den Erfolg des Betriebs zu schützen. Ein Besuch von RGS bietet die Chance, Schwachstellen zu identifizieren und Massnahmen, die bereits angewendet werden zu unterstützen. Ziel ist es, das Krankheitsrisiko zu minimieren und die Gesundheit der Tiere langfristig zu sichern. Unser Team analysiert gemeinsam mit Ihnen den Betrieb und stellt praktikable Lösungen vor, die den Betrieb effizienter und sicherer machen. Kontaktieren Sie uns für einen Termin – wir freuen uns auf die Zusammenarbeit!
Autorin Teja Snedec RGS