Publikationen:
Chopra K, Hodges HR, Barker ZE, Vázquez Diosdad JA, Amory JR, Cameron TC, Croft DP, Bell NJ, Thurman A, Bartlett D, Codling EA (2023):
Bunching behaviour in housed dairy cows at higher ambient temperatures.
J Dairy Sci ; doi.org/10.3168/jds.2023-23931 (article in press).
El Ashmawy WR, Williams DR, Gerry AC, Champagne JD, Lehenbauer TW, Aly SS (2019):
Risk factors affecting dairy cattle protective grouping behavior, commonly known as bunching, against Stomoxys calcitrans (L.) on California dairies.
PLoS ONE 14(11): e0224987; doi.org/10.1371/journal.pone.0224987
Zusammenfassung
Als “Bunching” gilt das Phänomen, dass Kühe in einer grösseren Gruppe sehr eng beieinander stehen und über längere Zeit weite Bereiche des Laufstalls oder Auslaufes völlig unbeachtet und ungenutzt lassen. Bunching geht einher mit verminderten Liege- und Fresszeiten und führt damit zu einer verminderten Milchleistung der Herde.
Eine englische Gruppe von Tierwissenschaftler und Mathematikern hat in einer aktuellen Studie untersucht, ob dies auffällige Verhalten vermehrt bei Hitzestress auftritt. Dazu wurden alle Tiere einer Hochleistungsherde (Holstein Friesian, N = 127, mittlere Milchleistung 10'909 kg/305 Tage, TMR) in einem Boxenlaufstall mit einem Halsband mit Real-time Positionssensor, Temperatursensor sowie Beschleunigungssensor ausgestattet. Über vier Monate wurden zwischen Anfang August und Ende November in Intervallen von 10 sec Daten eines jeden Tieres registriert, was zu insgesamt ca. 90 Mio. Datensätzen über die Versuchsperiode führte. Es wurden vier sog. “Bunching metrics” ausgewertet, wie mittlere Distanz zwischen den Kühen, Entfernung zum nächsten Nachbartier und Verteilung der Tiere im Stall. Die überaus komplexen mathematischen Auswertungen ergaben, dass die charakteristischen Parameter für Bunching bei Temperaturen über 20 °C signifikant auffällig wurden und sich Korrelationen zwischen der Temperatur und Bunching metrics ergaben. Bei jeglichen Temperaturen unter 20 °C war hingegen keine signifikante Korrelation zwischen den Parametern und der Umgebungstemperatur nachweisbar. Die Autoren schlussfolgern, dass Bunching die normale Reaktion von Herdentieren auf Stress darstellt und Hitzestress dabei offenbar eine besondere Rolle spielt. In der Diskussion weisen sie auf weitere Hypothesen zur Ätiologie von Bunching hin. So gibt es Hinweise, dass die Kühe bestimmte Bereiche im Stall präferieren, die bzgl. Schatten bzw. Sonneneinstrahlung vorteilhafter als andere erscheinen.
Eine weitere Studie basierend auf Untersuchungen auf 20 Milchviehbetrieben in Kalifornien, die 2019 publiziert wurde, liefert Evidenz, dass Bunching vermehrt auftritt, wenn stechende Fliegen ein wesentliches Problem werden. Dies betrifft offenbar insbesondere Stomoxys calcitrans (syn.: Wadenbeisser, Gemeine Stechfliege). Im Unterschied zu der vergleichsweise harmlosen Stubenfliege (Musca domestica) saugen Wadenbeisser Blut und verursachen dabei schmerzhafte Stiche insbesondere an den Gliedmassen und im Unterbauchbereich. Das Bunching wird als instinktive Reaktion der Kühe betrachtet, um die massive Belästigung durch Stechfliegen zu vermindern.
Wir sollten uns an diese Erklärungen für dies bemerkenswerte Verhalten ganzer Milchviehherden erinnern, wenn in der Schweiz entsprechende Probleme von den Landwirten angesprochen werden.